Wie habt ihr euch als Kollektiv zusammengefunden?
Matn: Eigentlich ging es darum, dass wir im Radhaus arbeiten wollten oder ich und die waren aber schon voll und dann haben Fritz und ich geredet und Wolfi auch, dass ma vielleicht ein eigenes Projekt, eine eigene Sache aufmachen. Dann hat der Harry den Keller hier gefunden, den Harry kenne ich schon länger. Wir sind Untermieter bei Harry. Und dann haben wir einfach wild alle gefragt. Schnell, weil es war jetzt sofort, schnell, schnell den Raum nehmen oder nicht, sonst ist er weg und dann waren wir plötzlich diese 6 Leut, die wir jetzt sind. Wie arbeitet ihr? Jonas: Wir haben am Anfang den Weg gewählt wenig Eigenkapital reinzustecken in die Werkstatt und haben sie zunächst mal ausgestattet mit Privatwerkzeug. Und dann alles, was an Einnahmen reinkam, in die Werkstatt gesteckt und deswegen am Anfang jetzt nicht extrem viele Kapazitäten und Muße gehabt, irgendwie Werbung groß zu forcieren, weil es erstmal darum ging, die Werkstatt überhaupt zu entwickeln. Es hat einfach auch ein bisschen Zeit gebraucht, bis die Werkstatt so richtig einsatzfähig war. Und dann ist auch eben das Ziel, in ein, zwei Jahren wirklich gescheite Löhne zahlen zu können und dann potentiell eben auch davon leben zu können, wenn man halt genug arbeitet, was wir dann gucken müssen, ob wir das alle wollen. Fritz: Es geht auch um Originalteile. Ich hatte das mindestens zwei Mal, dass darauf bestanden wurde, Schalthebel oder Bremse, dass die so ausschaut wie die alten, was bei den Neuteilen nicht der Fall ist, das würde ins Auge stechen. Ich würde es nicht in jedem Fall gebrauchte Teile montieren nennen, sondern Restauration des Originalzustands. Man braucht connections, um an so Teile zu kommen, die nimmer hergestellt werden. Matn: Die Secondhand Räder sind alle für den Verkauf hergerichtet und in bestmöglichen Zustand! Wir verbauen nicht unbedingt Neuteile, sondern wie Fritz meinte, halten wir uns an das Original und natürlich an die Wünsche der Kund_innen. Flo: Wir haben ja auch um Spendenräder geworben, weil schon unser Ziel auch ist, im Gegensatz zu anderen Radgeschäften auch Gebrauchträder zu verkaufen, die oft preismäßig und auch qualitätsmäßig besser sind als irgendwelche Neuräder und haben da auch relativ viele Sachen gespendet bekommen. Matn: Wir sind alle fahrradafine Menschen und lieben es, mit Fahrrädern zu arbeiten und ich find das sehr schad, dass echt soviel weggeschmissen wird und viele Fahrräder vergammeln. Da haben wir jetzt noch als Verein die Zeit, das ma uns um wirklich spezielle Sachen kümmern und eigentlich ist mir das schon ein großes Anliegen, ich hab das irgendwie gern, dass alte Kisten wieder animiert werden. Jonas: Was man an der Stelle auch durchaus nochmals erwähnen kann, dass es auch wirklich ein Merkmal unserer Werkstatt ist, dass wir alle Fahrräder annehmen. Mir war das im Vorfeld nicht klar, weil als jemand, der gerne mit Fahrrädern schraubt, und über die Leidenschaft am Fahrradschrauben irgendwann mal dazu kommt, so nen Projekt zu starten, geht man ja nie in einen Fahrradladen. Ich hab noch nie einen Mechaniker oder eine Mechanikerin dafür bezahlt, irgendwas an meinem Fahrrad zu tun. Das war ja auch eine lustige Situation, du fängst dann ein Geschäft an und bietest eine Leistung an, die du selber noch nie in Anspruch genommen hast und musst erstmal lernen, mit nem gewissen Selbstbewusstsein aufzutreten und Geld zu verlangen, wo du dir denkst, ich könnt jetzt einfach erklären, wie´s selber geht oder muss erst mal zulassen, dass manche Leute das gar nicht wollen, das gerne in Anspruch nehmen und die Verantwortung abgeben. |
Das war ein ganz verrückter Prozess. Aber eben durch diese mangelnde Erfahrung mit Fahrradgeschäften dann auch wirklich zu lernen, viele Sachen werden von konventionellen Fahrradgeschäften nicht gemacht. Der Klassiker ist in so nem Fall Patschen picken bei alten Hollandrädern, die nen riesigen Rockschutz hinten haben und aufwendigste Kettenschutzarchitekturen, wo man eigentlich ein Vermögen veranschlagen müsste, weil man allein ne Stunde braucht, das Teil zu zerlegen und hinterher wieder zusammen zu bauen. Und eigentlich geht´s um einen Patschen und den kannst´de eigentlich nur verrechnen wie einen Patschen, aber eigentlich ist es ne Höllenarbeit und du willst lieber Neuteile verkaufen, weil damit machst du Geld und das geht schnell und all diese Mechanismen, die in normalen Fahrradgeschäften greifen und dazu führen, das halt einfach tolle Fahrräder aus den sagen wir mal 60er, 70er Jahren, die eigentlich ne supersolide Basis haben, aber wo´s halt ein bisschen aufwendiger ist, daran zu arbeiten, einfach nicht angenommen werden. Es kommen durchaus Leute daher, die vorher schon bei drei, vier Geschäften waren und abgelehnt wurden und sich dafür entschuldigen, dass sie dieses Fahrrad überhaupt noch reparieren lassen wollen. Das ist schon echt ne Nische. Wenn man Geld machen will, will man neue Teile verkaufen und wenig Mechaniker, Mechanikerinnenstunden zahlen. Und wir wollen eigentlich das Gegenteil und wollen möglichst viele Arbeitsstunden haben und möglichst wenig neuen Scheiß verkaufen und möglichst viele Fahrräder wieder auf die Straße bringen. Der Unterschied zu einem konventionellen Fahrradladen ist viel fundamentaler, als ich eigentlich erwartet hab.
Pez: Und es ist auch schön, da wir ja jetzt zum ersten Jahr uns ausprobiert haben, nicht diesen Profitdruck haben, weil wir eh ein Verein sind, aber jetzt speziell im ersten Jahr, da hat das auch ganz a andere Qualität find ich und das merken die Leute. Letztens ist jemand reingekommen, so ein Ehepaar, die für ne Flüchtlingsfamilie, die sie aufgenommen haben und ein Rad checken wollten, dass sie einkaufen gehen können. Jetzt haben sie ein Rad gespendet gekriegt von irgendwelchen Bekannten und es war halt so´n altes Rennrad, kein Kotflügel. Die wurden vom Radhaus an uns verwiesen und dann kommen die da her und dann haben wir halt einfach ein Fahrrad getauscht, wo wir ja jetzt da eigentlich des verkauft hätten, das wir repariert haben, haben wir ihnen eines gegeben, ein Citybike mit Gepäckträger und die haben uns diese Kiste hier dalassen. Wir müssen jetzt einiges reinstecken, es fehlt einiges, aber ich denke mir, irgendjemand, der in der Stadt gerne fährt, hat das auch gerne, also wir kriegen´s schon irgendwie wieder los und sie waren halt voll glücklich. So was funktioniert halt, weil ma unter anderen a net so ein Profitorientiertes Ding sind. Ich hoffe, wir können noch lange so agieren, dass auch solche Sachen in so einem Raum möglich sind. Woher kommen eure Kund_innen? Pez: Vom Gefühl kommen schon einige aus der Neighbourhood, 15ter, das glaub ich schon. Einer der Gründe ist wahrscheinlich, dass es einmal im Bezirksblatt prominent auf der Titelseite war im Frühling oder Anfang Sommer und da sind schon die einen oder anderen Leute reingekommen, die gesagt haben, sie haben das gelesen in der Bezirkszeitung. Oder auch Leute aus der Nachbarschaft, die kommen und Spendenräder bringen, weil die eben seit Jahren rumstehen. Das kriegt man schon mit, dass Leute aus der Umgebung kommen, aber gleichzeitig natürlich auch aus dem erweiterten Freund_innenkreis. Ich mein, das ist keine Durchzugstraße hier, da ist ned ein Radhighway. Per Zufall stolpert hier niemand vorbei. Es ist wahrscheinlich schon sehr zentriert auf Leut aus der Umgebung. Jonas: Was ich als eine sehr erfreuliche, schöne Konstante finde, ist, dass zumindest mein Eindruck ist, dass ganz, ganz viele Leute schon auch kommen, weil sie das Projekt hier politisch wertschätzen. Die von irgendwem gehört haben, dass es das gibt, aber dann halt nicht kommen, weil wir so supertoll wären oder so superbillig oder irgendwas, sondern weil das ein so schönes Projekt wäre, und man das auch unterstützen mag und das verbreitet sich dann auch, dann erzählt irgend jemand von nem kleinen Fahrradgeschäft, das es da gibt und wie das da läuft und wie wir so nen Raum hier betreiben. Damit hatte ich so gar nicht gerechnet, dass das so viel Bedeutung hat bei den Kunden, aber mein Gefühl ist, es hat viel Bedeutung, einfach politisch, wie wir da aufgestellt sind. |
Was macht ihr an Bezirks- oder Nachbarschaftsvernetzungsaktionen?
Matn: Da haben wir schon einige verschiedene kleine Sachen gemacht, ich habe einmal einen Reparaturstand am Radkult (Wiener Festival der internationalen Radkultur) betreut. Wir sollten mehr so Sachen machen und haben auch schon bissl was gemacht aber das müss ma uns noch gescheit überlegen, wie wir das nächstes Jahr als Verein … wir haben ja auch die Kinderradidee, den Velofant, vielleicht dass wir mit Kindern reparieren und angekündigte Reparaturworkshops veranstalten. Jonas: Also Projektseitig gab´s halt auch schon Sachen bei Rasen am Ring, (Aktion der Plattform "Autofreie Stadt" am internationalen Autofreien Tag) da haben wir einen Stand gehabt als Radlheim und beim Reindorfgassenfest, bei der einfach15 Initiative haben wir einen Stand gehabt und die Leut kenn ma auch und das ist auch mittelfristig das Ziel, noch mehr vernetzt zu sein und mehr zu machen. Auch im Frühjahr natürlich ein Fest draußen zu machen und über dieses Kinderradprojekt, da ist die Idee quasi eine Tauschbörse zu machen, wenn die Kinder zu groß werden für die Räder, dass die zurückkommen zu uns und da ist natürlich auch angelegt schon, dass man Kontakt sucht zu Kindergärten, zu Grundschulen, sich da mehr einbringt und so. Da gibt´s einige Ideen und im 15ten ja auch viel Potential. Vernetzt sind wir mit dem Fix dich in der Reindorfgasse und solchen Gruppierungen ja eh auch und die Bikekitchen ist eh auch im Viertel, da geht relativ viel, was einen konkreten Grätzelbezug hat. Flo: Und wir hatten ja auch unser Einweihungsfest draußen auf der Straße, das war für mich jetzt so der Einstieg in die Hood. Pez: Und im Zuge von der Radrettung von den Grünen, wo wir auch Teil sind als eine von ungefähr 10 Werkstätten, die da mitmachen, da haben wir auch immer geschaut, dass wir uns absprechen. Im Grätzel, z.B. am Schwendermarkt haben wir eine Radrettung gehabt, das ist schon ziemlich gut, wenn die Leute uns dann kennenlernen. Wolfi: Durch die ganzen Aktivitäten, die wir im letzten Jahr gemacht haben und auch unsere Präsenz, auch wenn´s am Anfang natürlich ned so toll ausgestattet war, die Leute, die kommen wieder und die nehmen uns wahr, das wir immer noch da sind und die kommen deswegen daher, weil sie ja im 15ten, wenn sie da wohnen und da Gschichten machen, einfach ned so weit zum gehen haben, wenn du ein Rad abgibst und du musst dann nachher a halbe Stund zu Fuß gehen oder mit der U-Bahn fahren, dann macht man das halt ungerner, als wenn man nur 3 Minuten ums Eck wohnt und dann kommt man regelmäßiger vorbei. Man möchte ja auch a Nachhaltigkeit in unser Tätigkeitsding reinbringen, dass die Leute nicht erst dann kommen, wenn die Reibung gar nimmer geht. Einmal im Jahr, regelmäßig zum Service, das ist im Endeffekt für den Kunden und für uns besser, weil man da die Räder dann kennen, der Kunde muss dann nicht soviel zahlen und sie wissen, da sind´s gut aufgehoben, also die angemessene Fahrradwerkstatt, der Spruch ist nicht so weit weg von dem, was wir tatsächlich machen, des ist schon auch wichtig, find ich. Warum war das für dich wichtig, in den 15ten zu gehen? Wolfi: Da waren mir einige Sachen wichtig, also nicht nur wegen dem ökologischen Fußabdruck, also möglichst wenig weit entfernt davon arbeiten, wo ich auch lebe und möglichst wenig weit davon entfernt arbeiten, wo ich auch meine Freizeit verbring z.B. bikekitchen ehrenamtlich usw. Mit den richtigen Leuten, war´s mir eben möglich, da mitzumachen, also mit ganz wildfremden, wo man ned weiß, wie sie ticken, wär des nicht möglich gewesen. Aber 15ter und Nähe zur Bikekitchen war mir schon sehr wichtig. Im 15ten gibt´s ja nicht so viel und das ist halt mein Bezirk, ich leb da schon seit 4 Joahr, in dem 15ten. |