Mein Name ist Daniel und ich betreibe die anarchistische Buchhandlung in der Ölweingasse 36 im 15. Bezirk. Es gibt schon seit Längeren einen Onlineshop dazu und die Buchhandlung ist jetzt quasi die Homebase für den Onlineshop, d.h. dass es auch einen Ort gibt, wo man sich die Sachen anschauen kann und kaufen kann. Eine andere Vorgeschichte ist, dass es seit den 80er Jahren eine anarchistische Buchhandlung in Wien gegeben hat und die letzte hat aber 2003, 2004 zugemacht, d.h., es gibt schon seit Längeren keine Buchhandlung mehr mit einem Schwerpunkt auf anarchistische Bücher und das wollte ich neu starten. Ich bin seit Ende der 90er Jahre in der linken Szene aktiv oder aktiv gewesen und hab mich da mit dem Thema Anarchismus intensiv auseinandergesetzt als Gesellschaftsutopie oder Möglichkeit, wie alles anders laufen könnt. So bin ich zum Thema Anarchismus gekommen.
Hast du im 15ten nach einem Ladenlokal gesucht oder war das Zufall?
Das war Zufall, ich hab relativ lang nach einem Ladenlokal gesucht und bin dann auf dieses Lokal gestoßen, weil es vergleichsweise günstig war. Es war dann viel zu renovieren, aber es war ein Lokal, wo es möglich war, zum des Projekt umsetzen und so bin ich eigentlich im 15ten gelandet. Hast du in ganz Wien gesucht oder hast du Bezirkspräferenzen gehabt? Ich hab schon Präferenzen auf Bezirke in der Nähe von meiner Wohnung natürlich a ghabt, damit die Wege nicht so weit sind und sonst haben mich hauptsächlich 15ter, 16ter interessiert und prinzipiell wär aber alles in U-Bahn Nähe möglich gewesen. Es sollte halbwegs erreichbar sein, das war Voraussetzung und das ist da gegeben und sonst hätt´s auch jederzeit ein anderer Bezirk sein können. Aber es ist auch kein Zufall, dass es in dem Grätzel grad vergleichsweise günstig noch was zum Finden war, weil hier in der Gegend noch nicht viel saniert worden ist, das fängt jetzt erst so an. Wer sind deine Kund_innen? Es sind größtenteils Leute, die wo zweck´s dem Thema kommen und ansonsten gibt´s a bissl Laufkundschaft aus der Umgebung, weil´s hier überhaupt koa Buchhandlung mehr gibt, seit längerem und die dann die Möglichkeit nutzen, dass man Bücher auch normal bestellen kann, wie bei jeder anderen Buchhandlung. Gibt es andere (linke) Projekt im Bezirk, wo eine Vernetzung stattfindet? Es gibt ein bissl einen Austausch mit Projekten direkt da in der Gegend, zum Beispiel rund um den Schwendermarkt, da kommen öfter Leute vorbei beziehungsweise schau ich auch mal zu Projekten hin. Da ist für mich das Interessante, das sind zum Teil auch Projekte, die zu Themen wie Gentrifizierung arbeiten, auch ein Thema, das in der radikalen Linken in Wien grad eine Rolle spielt und die aber aus ganz anderen Kontexten kommen, also die da lokal sehr verankert sind und sich dann zum Beispiel um die Erneuerung vom Schwendermarkt und Verschönerung der Gegend hier bemühen. Das sind Initiativen, die ich vorher so gar nicht mitgekriegt hab, dass es das überhaupt so gibt und das fand ich einen recht spannenden Punkt, weil sich's einfach thematisch sehr stark überschneidet, aber quasi aus anderer Motivation heraus die Leute aktiv werden. |
Wie kommt es zu einem Austausch?
Das waren Initiativen, wo an mich herangetreten sind, die mal Flyer vorbeigebracht haben oder auf einen Kaffee vorbeigekommen sind und gsagt haben, sie machen da im Bezirk das und das und ob es Möglichkeiten gibt oder ob mir was einfällt, was wir gemeinsam machen könnt und daraus sind zum Beispiel Führungen zur Geschichte der ArbeiterInnenbewegung oder auch zu jüdischem Leben im 15. Bezirk entstanden und dann durchgeführt worden von Vereinen, wo sowieso da quasi aktiv sind. Hast du eine Veränderung der Gegend in den zwei Jahren bemerkt, in denen du hier bist? Was man merkt ist, dass Sanierungsprojekte laufen, dass Häuser da in der Gegend saniert werden und dass so langsam Aufwertung in der Gegend stattfindet. Wobei z.B. Verdrängung von Mieter, Mieterinnen, die schon lang da wohnen, fällt mir an und für sich noch nichts konkret auf, was aber zum Beispiel auffällt ist, dass so Jugendherbergen oder Apartments für Touristen und Touristinnen da in der Gegend entstanden sind oder entstehen. Da merkt man so ein bissl eine Entwicklung wie in Berlin, wo der Bereich mit den Appartementwohnungen für Touristen und Touristinnen zum Teil einfach Wohnungen verdrängt hat, wo dann die Wohnmöglichkeiten fehlen in Wohngegenden. Und das ist was, was auffällt: dass eben die Appartements deutlich zunehmen, weil sich damit ganz gut verdienen lässt. Kennst du deine Nachbar_innen im Haus? Die Vorstellung hab ich vorm Renovieren schon gemacht, weil das macht natürlich Lärm und Dreck, d.h. ich hab mich vorher bei den anderen Mietern, Mieterinnen gemeldet, dass da eben eine Buchhandlung reinkommen wird, dass da renoviert wird und so weiter. Ansonsten ist schon Kontakt, weil man natürlich ständig Leute aus dem Haus trifft. Hast du das Gefühl gehabt, dass die Nachbar_innen das gutheißen, dass die Buchhandlung aufmacht? Ich würd sagen: Buchhandlung heißen´s gut, anarchistische Buchhandlung war dann schon eine größere Skepsis, aber es gab jetzt in den zwei Jahren kein Problem. |